Kolonialausstellung

Auszug aus dem Roman


LESEPROBE KOLONIALAUSSTELLUNG


Auguste war, wie sie bekennen musste, fasziniert: Hier war nichts echt, bis auf das kunterbunt geschmückte Lastkamel. Doch wenn man sich auf die Staffage und Kulissen einließ, konnte man einen Augenblick lang wirklich glauben, man sei auf einem anderen Kontinent. [...]

Der Mocca im "Ägyptischen Café" war wie versprochen ausgezeichnet, und es gelang Auguste anschließend sogar, eines der Lastkamele zu streicheln, ehe es im Passgang weiter durch die Gassen schwankte. 

Eine der Nischen im Ausstellungsgebäude wirkte wie eine Trauerhalle. Dort war die Büste Herzog Johann Albrechts aufgestellt. Der Bruder des Großherzogs Friedrich Franz von Mecklenburg-Schwerin war Präsident der Deutschen Kolonialgesellschaft, und man hatte ihn, dem hohen Amt entsprechend, mit Efeutöpfen, einer Fächerpalme und zwei Elefantenzähnen eingerahmt. Rundum drapierte Samtvorhänge sorgten für eine würdevolle, doch nicht gerade heitere Atmosphäre. Hinter der Marmorsäule mit der herzoglichen Büste waren diverse Jagdtrophäen, Waffen, Trommeln und verschiedene exotisch anmutende Artefakte ausgestellt. Es sah beinah genau so aus, wie Juppi Weinfurths angeblicher "Harem" - nur deutlich düsterer und überladener. Auguste musste trotz des tristen Anblicks grinsen: Als "liederliches Durcheinander" würde die gute Hulda das bezeichnen. Und es gab nicht einmal ein Hinweisschild, mithilfe dessen man den Zweck der ausgestellten Utensilien hätte definieren können.


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